Der Veltlinerhof der Familie Mayer

von Dr. Elena Fitzthum

Im romantischen Dorf Fronsburg, das zur Großgemeinde Weitersfeld gehört, liegt der Veltlinerhof der Familie Mayer. Hier ist man am weitesten von den Weingärten des Pulkautales entfernt. Aber Familie Mayer zeigt, wie auch in einem typischen Waldviertler Ort die Heurigenkultur mehrmals im Jahr aufleben kann.

Das Bauernhaus der Familie Mayer ist neu. Das alte Haus wurde in den 80er Jahren abgerissen und durch ein Neues ersetzt. Wie so oft konnte auch hier das alte Haus mit den modernen Anforderungen und mit der wachsenden Größe des Betriebes nicht mehr mithalten. Der „erste hier ansässige Mayer“  heiratet um 1870 nach Fronsburg, er kommt aus Weitersfeld.  Dieser Michael Mayer sollte der letzte Michael für mehr als 100 Jahre sein, nach ihm tauft man in jeder Generation einen Sohn auf den Namen Franz. Als das heutige Ehepaar Irmgard und Franz heiratet, ist sich die junge Irmgard sehr sicher, dass sie diese Sitte beenden wird. Sie will keinen „Franz“ zum Sohn, schließlich gibt es ja auch andere Bubennamen. Und so kommen die drei Söhne Christoph, Michael und Georg auf die Welt. Irgendwie seltsam, dass nun gerade der mittlere Sohn Michael die 5-jährige Weinbauschule in Klosterneuburg erfolgreich abschließt und den Hof mit der Weinwirtschaft übernehmen wird. So kann man sagen, dass der Veltliner Hof in seiner fast 150 jährigen Geschichte entweder einen Franz oder einen Michael zum Chef hatte.

Hofgeschichte

Im landwirtschaftlichen Betrieb wurden Kartoffel und Getreide angebaut und die Schweinehaltung hat ebenso eine Tradition bei Mayers, auch wenn die geringen Abnahmepreise kurzfristig zu dem Entschluss geführt haben, die Schweinehaltung im neu errichteten Stall aufzulassen. Doch seit 2010  beginnt man erneut mit der Aufzucht  von Ferkeln, diesmal auf biologische Art und Weise. Für den Heurigenbesucher ist die eigene Viehwirtschaft am Hofe ein Segen, denn Irmgard, die Frau von Franz, weiß als gelernte Diätologin daraus  köstlichste Speisen herzustellen. Und damit auch alles gesund ist, werden aus dem selbst angebauten Dinkel Laberln und köstliche Salate aufgetischt. Aber davon später.

Auch hier erzählt man, dass die Weinwirtschaft für den Eigenverbrauch  früher

selbstverständlich war. Der Großvater von Franz Mayer, der auch ein „Franz“ war, kaufte sich in den 1950er Jahren einen kleinen Weingarten „unten“ in Pulkau. Dieser Weingarten war genau 13 Kilometer vom Hof entfernt und viele Geschichten ranken sich um die Arbeit auf diesem Fleckchen Erde. Man musste zur Pflege des Weingartens natürlich zu Fuß dort hin gehen und neben den Arbeitsgeräten auch das Essen mitnehmen. Der für diese Zwecke obligatorische Grießbrei wurde von der Hausfrau in aller Früh in einen Bluzer gefüllt, dies war ein kürbisähnliches Tongefäß mit einer kleinen Öffnung. Die Geschichte, wie man nach Stunden harter Arbeit im Weingarten endlich essen wollte und der Grießbrei nicht mehr aus dem Bluzer floss so dass man diesen zerschlagen musste, wird heute noch gerne zum Besten gegeben.

Noch in den 1950er Jahren gehört der alte Franz Mayer zu den 10 Bauern in Fronsburg, die ihren Wein selbst herstellten. In den 60er Jahren besucht der Großvater Franz in Langenlois einen achttägigen Kurs, denn er will die Qualität seines eigenen Weines verbessern. Damals  fährt man mit dem VW Bus  an den Wochenenden den eigenen Wein an Wirtshäuser und andere Stammkunden liefern. Noch in dieser Zeit ist der Wein kein Genussmittel, sondern ein Nahrungsmittel. Er wird in  Doppelliterflaschen gefüllt und innerhalb eines Tages gemeinsam mit den jeweiligen Tagelöhnern getrunken. Diejenigen, die keinen eigenen Weingarten besaßen, mussten mehrmals im Jahr mit dem Fuhrwerk „ins Land“ fahren, damit war „unten“ gemeint, also das Weinviertel. Irgendwie musste man ja zu Trauben kommen. Man erzählt sich, dass diese Menschen dann am Abend recht glückselig zurückkehrten, schließlich   musste man ja die Qualität der Kollegen verkosten.

Trauben, selbst wenn sie schon einmal gekeltert waren, sind ein wertvolles Rohprodukt zu dieser Zeit und je nach den finanziellen Möglichkeiten kaufte man sich die Trauben ungepresst oder bereits gepresst. Kein Weinbauer hätte die erste Pressung weg geschmissen, auch mit diesem Produkt ließ sich noch Geld verdienen. Aus den unverarbeiteten Trauben machten sich dann die Bauern über dem Manhartsberg ihren eigenen Wein, das war der „Guate“. Für den „Haustrunk“  presste man die bereits bearbeiteten Trauben nochmals und nochmals, füllte das alles mit Wasser auf und gab irgendwann auch Zucker hinein. Dies war natürlich nur möglich, weil die damaligen Pressen nicht in der Lage waren, die Frucht vollständig auszupressen. Franz erinnert sich noch an den Haustrunk und meint, der hatte in etwa den Alkoholgehalt eines Bieres, also 5 %. Leider hat der Glykolskandal diese vielen kleinen „Weinbauern“, die über dem Manhartsberg leben, zum Aufgeben gezwungen. Um einen Qualitätswein herzustellen, hätten sie ihre Ausstattung verbessern müssen, was sich nicht gerechnet hatte.

In den 70er Jahren tritt der „junge“ Franz Mayer in die Fußstapfen seines Vaters. Gut ausgebildet, vergrößerte er den Betrieb, baut Dinkel an und treibt die Produktion von Qualitätsweinen voran. Und dies nicht nur in seinem eigenen Betrieb, sondern er engagiert sich gemeinsam mit den anderen Manhartsberger Winzern für den Qualitätswein dieser Region. Gut ist, dass sich Franz in eine Frau verliebt, die aus einer Familie kommt, die „unten“ lebt und auch Weingärten besitzt, die niemand aus der Familie bewirtschaften wollte. Nichts lag näher, als dass Franz und Irmgard nach ihrer Hochzeit diese Pulkauer Hanglagen für ihren eigenen Betrieb nutzen. Bei der Lese helfen heute beide Familien mit, die von „unten“ und die von „oben“. Mayers haben sich auf den Veltliner spezialisiert, den sie auf  fünf verschiedenen Weinen ausbauen. Diese sind der Kellerfürst, der Weinviertel DAC, die Kellerfee, der Da Capo und der Eiswein.

Anfang der 80er Jahre, als das neue Bauernhaus errichtet wird, entschließt man sich, im Keller einen Heurigen einzurichten. Dies geschah einerseits aus einer Leidenschaft heraus, mit Menschen zu kommunizieren, denn da hat Franz ganz die Persönlichkeit eines Wirtes. Andererseits hatte man auch mit der kleinen Wirtschaft keine andere Wahl. Die junge Familie Mayer musste sich wie so viele Landwirte aus dieser Region etwas einfallen lassen und so sagte man sich: „Wenn wir überleben wollen, müssen wir einen Heurigen bauen.“  Vom ersten Tag an waren die Speisen aus Irmgards Küche sehr beliebt. Das Essen in diesem Hause unterscheidet sich sehr von anderen Heurigen. Irmgard Mayer, die von Willi Dungl persönlich bereits Jahre vor der Errichtung seines Vitalresort in Gars am Kamp gebeten wurde, in seiner Küche die österreichische Naturküche umzusetzen, weiß, wie man aus guten natürlichen Produkten Gesundes und Schmackhaftes herstellt. Für ihre Hochzeit unterbrach Herr Dungl sogar sein Heilfasten und feierte mit! Außergewöhnlich für einen Heurigen sind Irmgards Dinkelsalat und die Tatsache, dass es auch sonst immer einen frischen Salatteller gibt. Dazugekauftes von Nachbarbauern wie geräucherte Forellen vom Anglerparadies Hessendorf der Fam. Neubert oder geräucherter Damhirschschinken – von der Familie Neuwirth aus Fronsburg – mit Oberskren runden das schmackhafte sowie gesunde Angebot ab. In einem kleinen Bauernkasten stehen weitere Produkte von Direktvermarktern aus der Region, die man jederzeit kaufen kann.

Die Zeiten ändern sich, auch bei der Familie Mayer. Die Familie entschließt sich 2009, die gesamte Landwirtschaft auf Bio umzustellen. Bald ist auch hier die nächste Generation am Werk und man darf sich auf eine weitere Generation von Weinbauern der Familie Mayer freuen.